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Silke Gatermann, 26.02.2019

In Deutsch interaktiv Nr. 12 (Johann Wolfgang Goethe I. Faust. Der Tragödie erster Teil) stellte Cornelia Köhler Goethes beruflichen und künstlerischen Werdegang bereits ausführlich und anschaulich in einem eigenen Modul dar.

In der nun vorliegenden zweiten DVD zu Goethe werden vier weitere seiner Werke analysiert und die notwendigen biographischen Informationen inhaltlich eng mit der Entstehungsgeschichte der ausgewählten Werke verknüpft. Wir erkennen durchgängig, wie stark Goethes eigene Erfahrungen und Empfindungen auf sein Schreiben gewirkt haben.

Götz von Berlichingen (Modul 1) und Die Leiden des jungen Werthers (Modul 2) werden stellvertretend für die Schaffensperiode des Sturm und Drang vorgestellt, für die Weimarer Klassik steht repräsentativ das Schauspiel Iphigenie auf Tauris (Modul 3).

Wie in früheren DVDs beleuchten die Module in Unterkapiteln Inhalt, Figuren und Werkgeschichte, welche auch jeweils einzeln aufgerufen werden können, so dass im eigenen Unterricht ein Aspekt gezielt angesteuert werden kann.

Die Filmausschnitte zu Götz von Berlichingen in Modul 1 (22:02 min) basieren auf den Burgfestspielen von Jagsthausen aus dem Jahr 2016. Diese Inszenierung lässt den Rebellen lebendig werden und die Empathie, die Goethe für den historischen freien Reichsritter und dessen Kampf gegen Fürsten und Bischof empfand, für heutige Schülerinnen und Schüler nachvollziehbar erscheinen. Die im didaktischen Material enthaltenen Aufgaben zu Rollenbiographien und Szenenbildern erleichtern Schülerinnen und Schülern das Erfassen der streitbaren Figur. Goethes Auseinandersetzung mit der Shakespeare-Rezeption sowie seine Mittelalterbegeisterung bieten weitere Analyseansätze für den Unterricht.

Das zweite Modul Die Leiden des jungen Werthers (29:12 min) ist eher für die Oberstufe konzipiert, auch wenn das Stück häufig schon in Mittelstufenklassen gelesen wird.

Es werden zwei sehr unterschiedliche Inszenierungen kontrastiert: Theater Erlangen (Spielsaison 2014/15) und Theater Münster (Spielsaison 2017/18).

Während die Erlanger Inszenierung den Briefroman von einem Solo-Schauspieler auf die Bühne bringen lässt, so dass die Ichbezogenheit Werthers überdeutlich wird, entschied sich die Dramaturgin Barbara Bily in Münster für eine konsequente Modernisierung. Das Scheitern Werthers wird somit auf sehr unterschiedliche Weise inszeniert. Die eingespielten Interviews mit den jungen Schauspielern, die ihr Rollenverständnis reflektieren, bieten ein breites Spektrum an Anknüpfungspunkten für den Unterricht. Die Literaturwissenschaftlerin Anne Bohnenkamp-Renken ordnet den damaligen Erfolg des Werkes für Schülerinnen und Schüler nachvollziehbar und verständlich ein.

Das dritte Modul (27:45 min) widmet sich dem sprachlich anspruchsvollen Schauspiel Iphigenie auf Tauris, das Goethe zunächst 1779 in Prosa verfasste und erst auf seiner Italienreise 1787 für ihn zufriedenstellend in Versform umarbeiten konnte. In diesem Modul gelingt es Cornelia Köhler, die Aktualität des antiken Stoffes für Schülerinnen und Schüler auf den Punkt zu bringen. Das Aufeinandertreffen unterschiedlicher Kulturen, das Machtverhältnis von Frauen und Männern, der Widerstreit zwischen Fremdheit und Vertrautheit sowie die heute wieder so wichtige Frage nach den wahren Werten bieten Schülerinnen und Schülern ausreichend Anreize, sich mit den Figuren und ihrem Verhalten auseinanderzusetzen.

Unterstützend wirken dabei die von Cornelia Köhler gewählten Inszenierungen. Während die Fernsehfassung der 1969er Inszenierung des Deutschen Theaters Berlin ein karges Bühnenbild wählt und auf die Macht der Sprache baut, sieht die bunte Fassung des Rheinischen Landestheaters Neuss aus dem Jahr 2011 einen unvereinbaren Gegensatz der Kulturen und damit kein versöhnliches Ende.

Dies wird Schülerinnen und Schüler anregen, sich mit der Inszenierung des Schauspiels durch Goethes Freund Schiller aus dem Jahr 1802 zu beschäftigen.

Diese stand ganz im Geiste der Weimarer Klassik und ermöglichte die Darstellung einer selbstbewussten Frau, die sich gegen die Macht des Schwertes und den Streit der Kulturen zur Wehr setzt. Diese Iphigenie kann ein Vorbild sein. Da ist das Einspielen von Schillers Ode an die Freude (vertont von Beethoven und unsere Europahymne) im Schlusskommentar sicher kein Zufall.

Abweichend von bisherigen Autorenporträts wird auf dieser DVD auch ein Werk vorgestellt, das nicht erst in der oberen Mittelstufe oder Oberstufe seinen Platz im Deutschunterricht findet. Das vierte, ungefähr 16-minütige Modul begleitet den Bearbeitungsprozess des Zauberlehrlings in einer Sprechwerkstatt, die mit Schülerinnen und Schülern einer sechsten Gymnasialklasse durchgeführt wurde. Die Sprecherzieherin erläutert ihre Arbeitsschritte hin zu einer inszenierten Chorlesung der Ballade. Das didaktische Material enthält die bei der Erarbeitung eingesetzten Arbeitsblätter, so dass die Übungen leicht in der eigenen Klasse umgesetzt werden können. Die vorgestellten Übungen werden Theaterlehrkräften bekannt sein, Deutschlehrkräften aber wertvolle Hinweise für Körper-, Stimm- und Ausspracheübungen vermitteln.

Dieses letzte Modul ist wichtig, da sich nicht alle Schülerinnen und Schüler für einen Theaterkurs entscheiden, aber alle Schülerinnen und Schüler lernen müssen, vor Publikum laut und verständlich zu sprechen.

Es bleibt daher zu hoffen, dass die Anregung viel Nachahmer findet!

Das vorgestellte Material macht ein weiteres Mal Lust auf Goethe!

(Silke Gatermann ist Lehrerin für Deutsch, Geschichte, PGW, Englisch, History und PSE am Gymnasium Ohmoor in Hamburg)