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Informationen für Geschichtslehrer, Jahrgang 2011/12, September 2013

Krieg und Frieden

Ursula Lagger und Peter Mauritsch

Kriege haben Saison, könnte man angesichts der Neuerscheinungen auf dem Buchmarkt versucht sein zu sagen. Dass der Großteil der in Europa lebenden Bevölkerung in Bezug auf dieses Thema seit längerem auf Buchwissen angewiesen ist, ist ein erfreuliches Ergebnis der in keiner Weise erfreulichen Ereignisse, die das vergangene Jahr-hundert gerade in Europa geprägt haben. Damit sind auch die Themen der beiden DVD-Produktionen angesprochen: Mit Krieg befasst sich die eine, mit Frieden die andere.

Jedes Thema wird auf zwei DVDs behandelt, von denen jeweils eine in einem Hauptfilm und sechs weiteren Filmen (Modul 1–6) Anschauungsmaterial in Form von Filmsequenzen, zeitgenössischen Bild- und Schriftquellen sowie Stellungnahmen von Fachleuten bietet, die zweite dann „Didaktisches Begleitmaterial“.

Auf diesen Material-DVDs findet man Biografien von in den Filmen genannten Personen, Zeitleisten, Literatur und Links, Film-Glossaries mit Erklärungen der in den Filmen vorkommenden einschlägigen englischen Terminologie (z. B. mercenary, shell etc.). Zu jedem Film gibt es einen Menüpunkt „Erarbeitung und Festigung“: dazu dienen z. B. Definitionen aus den Filmen als Textauszug, Plakate, Photos, Reden und Tagebücher, die hier abgedruckt sind. Um die Aussagekraft des Materials vor Augen zu führen, gibt es dazu Fragen und Arbeitsblätter oder auch Methodenkarten zum Umgang mit Karikaturen oder zur Analyse und Interpretation von Bildern, Plakaten und (politischen) Reden. Zu den einzelnen Haupt- und Modulfilmen gibt es zudem „Didaktisch-methodische Kommentare“ mit Hinweisen zur Zielgruppe (Sekundarstufe I und/oder II), zu Methoden, Kompetenzen und einer Schätzung des Zeitaufwandes. Die Kapitel des Haupt- bzw. Modulfilms werden angeführt, Vorschläge für den Einsatz der zur Verfügung gestellten Materialien werden unterbreitet, Internetadressen zur weiteren Vertiefung werden ebenfalls angeboten. Zu den Modulen gibt es außerdem „Vertiefungen“; beim Modul „Dreißigjähriger Krieg 1618–1648“ z. B. „Die Aufzeichnungen des Söldners Peter Hagendorf“, beim Modul „Neue Kriege“ zu „Kindersoldaten“ und „Die Kriege des 21. Jahrhunderts“, das Modul „Friedensbewegung“ wird u. a. durch eine „Vertiefung“ über „Friedenssymbole – ihre Herkunft und ihre Bedeutung“ ergänzt.

Das Begleitmaterial ist für bilingualen Unterricht aufbereitet, durch einfache Anwahl von „Hauptmenü“ bzw. „Main Menu“ in der Menüleiste kann problemlos zwischen Deutsch und Englisch gewechselt werden: die Arbeitsaufträge und die ihnen zugrundeliegenden Materialien sind dabei nicht einfach übersetzt, sondern für die unterschiedliche Unterrichtssituation adaptiert; unterschiedlich sind schon die didaktischen Auswahlmöglichkeiten: Der in der deutschen Fassung angebotenen „Erarbeitung und Festigung“ sowie der „Vertiefung“ stehen in der englischen Aufgaben gegenüber, die unterteilt sind in „Pre-“, „While-“ und „Post-Viewing Activity“, ergänzt durch „Consolidation of Knowledge“, gefolgt in beiden Fällen vom „Didaktisch-methodische[n] Kommentar“ (nur auf Deutsch).

Das dieser didaktischen Aufbereitung zugrundeliegende Material unterscheidet sich bei aller Parallelität doch qualitativ in Bezug auf die Nutzung im Unterricht.
In „Krieg und Frieden I – Krieg“ behandelt der Hauptfilm das Thema „Krieg – Definition und Grundbegriffe“; chronologisch gereiht folgen sechs Module, die verschiedene Erscheinungsformen von Krieg repräsentieren, und an denen die interviewten Fachleute die Veränderungen im Kriegsgeschehen im Laufe der Zeit aufzeigen: „Dreißigjähriger Krieg 1618–1648“, „Revolutionskriege und Napoleonische Kriege 1792–1815“, „Erster Weltkrieg 1914–1918“, „Zweiter Weltkrieg 1939–1945“, „Kalter Krieg 1945–1991“ und schließlich „Neue Kriege“.

Auch „Krieg und Frieden II – Frieden“ beginnt mit einem Hauptfilm, in dem der Rahmen des Themas abgesteckt wird: „Frieden – Definition und Grundbegriffe“. Die Module behandeln die Friedensschlüsse der in Teil I vorgestellten Kriege: „Westfälischer Friede 1648“, Wiener Kongress 1814/15“, Versailler Vertrag 1919“, Potsdamer Abkommen 1945“, „Friedensbewegung“ und schließlich, als Pendant zu den „Neuen Kriegen“, das Modul „Von Kant zu Küng – Friedenstheorien und Frieden heute“. Während die Definitionsversuche der Kriegs-DVD sehr gut die im Laufe der Zeit sich ändernden Kriegsverhältnisse aufgreifen und damit auch die wissenschaftliche Beschäftigung mit diesem komplexen Thema widerspiegeln – und gleichwohl zur Diskussion einladen –, vermitteln die Versuche, „Frieden“ zu definieren, trotz aller Bemühungen den Eindruck subjektiver Annäherungsversuche mit einem Hauch von Beliebigkeit.

Die Filme sind mit 17–22 Minuten passend für den Unterricht dimensioniert, und trotz dieser Kürze führen sie das komplexe Geschehen, konzentriert auf das jeweilige Thema, sowohl Wissen fördernd als auch Diskussion fordernd vor Augen. Besser allerdings gelingt dies – trotz oder vielleicht wegen Verzicht auf aktionistische Schlachtszenen – bei den Darstellungen der Kriege, doch Frieden als Zustand lässt sich – vgl. auch die Anmerkungen zu den Definitionsversuchen – wohl generell nur bedingt darstellen; so liegt denn auch der Schwerpunkt auf den Verhandlungen.

Gesamt gesehen werden hier in Geschichts- und auch Geschichtelehrbüchern oft nur als Begriffe mit Datum erwähnte Geschehnisse informativ aufbereitet, durch die chronologische Anordnung werden die in den gesprochenen Kommentaren immer wieder betonten Veränderungen, die hinter der gleichbleibenden Begrifflichkeit drohen unbemerkt zu bleiben, zusätzlich bewußt gemacht: Krieg ist nicht gleich Krieg, Frieden nicht gleich Frieden – es bedarf der historischen Arbeit, um den Blick dafür zu schärfen und zu üben; das beigegebene didaktische Material unterstützt dieses Unterfangen in vorbildlicher Weise.