Geschichte der Frauenbewegung II

Im Kaiserreich ist das Lebensziel von Frauen klar definiert: Heirat und Familie. Der Film präsentiert Feministinnen wie Hedwig Dohm, die trotz aller Anfeindungen für die Gleichberechtigung der Frauen kämpfen. Denn die Geschlechterrollen sind fest zementiert, begründet mit der so genannten „Natur der Frau“ – der Vorstellung, dass Frauen gefühlsbetont, schwach und irrational seien, und daher dem Mann in allem untergeordnet. Die bürgerliche Frauenbewegung um Helene Lange nutzt dieses Geschlechtermodell gezielt für die Bildung der Frauen: Zum Wohle der Gesellschaft sollen diese ihre sozialen Fähigkeiten einbringen – und daher Mädchen die gleichen Bildungschancen wie Jungen bekommen. Sie fördert dabei gezielt die Ausbildung von Lehrerinnen und treibt die Schulentwicklung voran: Mädchengymnasien entstehen, in denen zunehmend mehr Lehrerinnen unterrichten. Doch die Universität bleibt Frauen in Deutschland noch bis Anfang des 20. Jh. verschlossen. Deutsche Ärztinnen oder Juristinnen studieren im Ausland und sind lange die Ausnahme.

Der Film beleuchtet die dynamische Zeit um 1900, in der die Frauenbewegung stetig wächst und große Erfolge erzielt. Nach der herben Enttäuschung über das Bürgerliche Gesetzbuch, das Ehefrauen mit dem „Gehorsamkeitsparagraph“ extrem diskriminiert, ist für viele Frauen klar: Sie müssen in die Parlamente, um selbst politisch mitbestimmen zu können. Der Kampf um das Frauenwahlrecht nimmt Fahrt auf, in Deutschland mit Anita Augspurg und Lida Gustava Heymann, aber auch weltweit, wie die Suffragetten in England zeigen. Gleichzeitig starten Frauen wie Alice Salomon Reformprojekte zur Bewältigung der Sozialen Frage: um 1900 entsteht in Berlin das erste Arbeiterinnenheim, eine Soziale Frauenschule folgt. Reformen ergreifen alle Lebensbereiche: Frauen verbannen das steife Korsett, treiben zum ersten Mal Sport und fahren Fahrrad – DAS Symbol für Veränderung, Freiheit und Emanzipation. 1908 wir das Vereinsverbot für Frauen aufgehoben – ein Meilenstein, denn Frauen können sich nun in politischen Parteien selbst für ihre Rechte stark machen.

Anhand der bewegten Lebensgeschichte von Lily Braun (1865-1916) macht der Film deutlich, dass es keine einheitliche Frauenbewegung gab, sondern verschiedene Flügel mit unterschiedlichen Zielen und politischen Spektren: Die aus adeligem Hause stammende Lily Braun schließt sich 1895 der Sozialdemokratie an und kämpft für die Rechte der Arbeiterinnen. Trotz ihres Engagements wird sie aufgrund ihrer Herkunft von den organisierten Proletarierinnen nicht als gleichwertig anerkannt. Die ideologischen Gräben zur bürgerlichen Frauenbewegung sind tief: Die proletarische Frauenbewegung, angeführt von Clara Zetkin, stellt die Klassenfrage über die Geschlechterfrage und strebt den Sturz des Kapitalismus an. Die bürgerliche Frauenbewegung hingegen will die bestehende Gesellschaft nicht grundlegend ändern, sondern setzt auf Reformen und Evolution. Dennoch gibt es lagerübergreifend auch gemeinsame Aktionen und Forderungen, wie beim Kampf gegen das frauenfeindliche Familienrecht und für die Einführung des Frauenwahlrechts.

Um 1900 scheint das Frauenwahlrecht zum Greifen nah – doch der Erste Weltkrieg zerstört diese Hoffnung und spaltet die Frauenbewegung. Der Film zeigt, wie sich zahlreiche Frauen im Nationalen Frauendienst zur Unterstützung der Heimatfront engagieren und dabei erstmals proletarische und bürgerliche Frauen zusammenarbeiten. Andere wenige erheben ihre Stimme gegen den Krieg, so die Sozialistinnen Clara Zetkin und Rosa Luxemburg, die dafür verhaftet werden. Trotz Anfeindungen, Verfolgung und Zensur organisieren Pazifistinnen internationale Frauenfriedenskonferenzen in Bern und Den Haag und fordern Demokratie und Gleichberechtigung als Grundlage für eine friedliche Weltordnung. Im Kriegsverlauf werden immer mehr Frauen für die deutsche Kriegswirtschaft mobilisiert, gleichzeitig ihre Forderungen nach Mitbestimmung vom Kaiser ignoriert. Erst mit seiner Abdankung bei Kriegsende und der Novemberrevolution wird am 12. November 1918 das aktive und passive Wahlrecht für Frauen beschlossen und ihr langer Kampf endlich belohnt.