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Volker Habermaier, 08.11.2020

Eine DVD, die zur rechten Zeit kommt: "Der Holocaust - Erinnern reicht nicht"!  

Der Hauptfilm in der bewährten Kombination aus Originalaufnahmen - teils original kommentiert, teils mit heutigem Text unterlegt - und Statements namhafter Historiker (Jens-Christian Wagner, designierter Leiter der Gedenkstätte Buchenwald, früher auch in Bergen-Belsen tätig) und Publizisten (der 2014 verstorbene Ralph Giordano) bietet einen chronologischen Überblick über den Umgang mit dem Holocaust nach 1945. Die Linie ist durchgezogen bis zur Gegenwart. So kommen auch noch aktuelle Ereignisse vor (Anschlag auf die Synagoge in Halle). Die Frage der Vergleichbarkeit heutiger Entwicklungen wird gestellt - und, zumindest vorläufig und als Diskussionsanlass, beantwortet. So wird etwa ein Redeausschnitt des serbischen Schriftstellers Ivan Ivanji zitiert, der die Konzentrationslager Auschwitz und Buchenwald überlebt hat und der im Mittelmeer ertrunkene Flüchtlingskinder und in der Gaskammer erstickte Kinder in Beziehung setzt.

Drei Module sind beigegeben. Man möchte sie fast als die Hauptsache bezeichnen, vor allem der Zeitzeugenbericht von Yvonne Koch in nötiger Länge und Ausführlichkeit und einmal nicht in der aus vielen TV-Dokumentationen bekannten Schnipseltechnik. Da in diesen Jahren die letzten Zeitzeugen nicht mehr - wie im vierten Modul gezeigt - an Schulen berichten können, sind diese Aufnahmen unersetzlich. Sie sind besonders geeignet, Schülerinnen und Schüler auch der Sekundarstufe zu erreichen. Es ist ja eine altbekannte Tatsache, dass auch Jugendliche durch die Darstellung von Einzelschicksalen für das Thema offen sind, selbst wenn sie durch  mediale Überflutung abgestumpft sind ("Das wissen wir." "Das haben wir alles schon gesehen.") oder - schlimmer noch - eine Abwehrhaltung entwickelt haben ("Was geht uns das an?!"). Zur Vor- oder Nachbereitung eines Gedenkstättenbesuchs bietet sich das Modul zur Gedenkstätte Bergen-Belsen an, das sich schwerpunktmäßig mit moderner Gedenkstättenarbeit beschäftigt.  

Die kostenlos erhältlichen didaktischen Begleitmaterialien sind eine wesentliche Erleichterung für die Lehrkräfte: gut didaktisiert, schnell einsetzbar und eine hervorragende Möglichkeit, die Informationen und Gedenkanstöße der Filme zu vertiefen.  

Häufig wird im Geschichtsunterricht nach einer Abschlussstunde zum Nationalsozialismus nur kurz die Erinnerungsgeschichte gestreift; häufig kommt die Aufarbeitung nur als Anlass vor: für beginnende Spaltung Deutschlands (Entnazifizierung in den verschiedenen Besatzungszonen) etwa oder die Rebellion der jungen Generation in den sechziger Jahren. Die DVD "Der Holocaust - Erinnern reicht nicht!" bietet mehr. Ihr Einsatz ist besonders für Projekte am "Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus" (27. Januar) geeignet. Geschichtsunterricht hat so die Chance, nicht nur im Klassenzimmer zu bleiben.  

Volker Habermaier, OStD Schulleiter am Georg-Büchner-Gymnasium Rheinfelden (Baden)