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Jens F. Heiderich, 11.08.2011

Es ist kein leichtes Vorhaben, Literatur und ihre Kontexte zwischen Expressionismus und Exil (1910-1945) für Schülerinnen und Schüler angemessen aufzubereiten.

Den ‚Macherinnen‘ der DVD Literatur des 20. Jahrhunderts I gelingt es in ihrem rund 28-minütigen Hauptfilm Kaiserreich, Weimarer Republik und Zeit des Nationalsozialismus als eine Zeit der Extreme zu vermitteln. Aus dem Geschichtsunterricht bekannte Zusammenhänge werden anschaulich und pointiert in Erinnerung gerufen sowie durch Expertenmeinungen, darunter der Literaturdidaktiker Prof. Dr. Hermann Korte, Universität Siegen, vertieft. Zudem werden den Schülerinnen und Schülern häufig weniger bewusste kulturhistorische Gegebenheiten (insbesondere der Weimarer Republik) beleuchtet, so dass die Zeit des inter bellum in ihrer inneren Vielgestaltigkeit – z.B. Aufkommen der Massenkultur, Wahrnehmung der ‚Neuen Frau‘, Verhältnis der Metropole Berlin zur Provinz, Kino und Kinokultur, amerikanischer Kulturimport, Wirtschaftskrise etc. – profiliert werden kann.

Die sich anschließenden Module nehmen die Lyrik des Expressionismus und Dadaismus, Bertolt Brecht und Exilliteratur, Franz Kafka (hier insbesondere DieVerwandlung) und Alfred Döblins Alexanderplatz sowie den literarischen Markt in den Blick. Diese didaktisch nachvollziehbaren Schwerpunktsetzungen werden vor dem Hintergrund aktueller Forschungsergebnisse der Literatur- und Kulturwissenschaften entfaltet, ohne je der Gefahr einer Abbilddidaktik anheimzufallen. Vielmehr ist die gelungene Verbindung von fachwissenschaftlichen Stellungnahmen, so z.B. von Prof. Dr. Bettina von Jagow, u.a. Mitherausgeberin des Kafka-Handbuches (2008), Zeitzeugen, Originaldokumenten, Filmen und Verfilmungen, Rezitationen und Performances von Gedichten, bildender Kunst und Architektur positiv hervorzuheben. Literatur wird so in ihre Kontexte eingebunden wie es mit Hilfe von Schulbüchern kaum möglich ist. Darüber hinaus werden alte Vorurteile und Mythen, die sich beispielsweise um das Werk Kafkas ranken, begründet widerlegt, so dass sein Oeuvre jenseits biographischer Deutungshorizonte als Faszinosum intertextueller Resonanzräume (in einem weiten Sinne) entdeckt werden kann.

Ein mit Blick auf die Textauswahl überzeugender Längsschnitt zu dem Thema Apokalypse ermöglicht darüber hinaus einen konzeptuell angelegten Deutschunterricht, der eines der zentralen Themen der Zeit von 1910-1945 in einen Dialog mit anderen Epochen treten lässt. Das didaktische Begleitmaterial sowie die Ton- und Bilddokumente der zweiten DVD Impulse erlauben eine gezielte Vertiefung auszuwählender Aspekte und eine Integration des Materials in Unterrichtsstunden, die sich nicht ausschließlich auf die DVD stützen möchten.

Fazit:

Das von einzelnen Kolleginnen und Kollegen wenig geschätzte Medium des ‚Films‘ ist hier eindeutig als qualitative Aufwertung und bereichernder Bestandteil eines zielführenden Deutschunterrichts zu bewerten.

Jens F. HEIDERICH (Lehrer für Deutsch, Französisch und Ethik am Frauenlob-Gymnasium Mainz und Dozent für Literatur- und Mediendidaktik des Deutschen an der Universität Trier)